Langzeiteffekte im E-Mail-Marketing

Überblick über die langsameren, unauffälligeren Effekte und Trends: Denn auch diese bieten erhebliche Chancen für E-Mail-Versender.

veröffentlich 28.08.2019, letzte Aktualisierung 29.03.2023

Kurzüberblick der wichtigsten Effekte

Das Internet hat zu einer beispiellosen Beschleunigung der kommunikativen und kommerziellen Prozesse geführt. Real-Time oder Near-Time sind der neue Standard, resultierend aus den Möglichkeiten der Technologie in Kombination mit dem Kundenanspruch nach möglichst instantaner Gratifikation. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf die langsameren, unauffälligeren Effekte und Trends, denn auch diese haben eine nicht zu unterschätzende Dynamik mit erheblichen Chancen für E-Mail-Versender.

Die wichtigsten Effekte im Kurzüberblick:

Prozess der Listenermüdung verlangsambar?

Listenermüdung, also die Erosion der Responseraten über einen längeren Zeitraum, ist ein völlig normales Phänomen, resultierend aus mehreren Faktoren:

  • dem steigenden E-Mail-Volumen, die jeder Empfänger zu bewältigen hat,
  • der Versandfrequenz,
  • der Schwierigkeit für Versender, kontinuierlich hohe Relevanz des Contents sicherzustellen, aber auch
  • aus verwaisten Postfächern und
  • strengeren Spamfiltern sowie
  • der Anzahl und Qualität der neu generierten E-Mail-Adressen.

 

Denn neue E-Mail-Adressen generieren fast immer höhere Responseraten als Adressen, die schon länger auf dem Verteiler sind. Die Kernfrage für Versender ist, wie sich der Prozess der Listenermüdung kosteneffizient verlangsamen lässt. Bewährte Ansätze dafür umfassen höhere Personalisierungsgrade (Content, Absender, Versandzeitpunkt), Optimierung der Versandfrequenz (A/B-Split Tests) und Verteiler-Segmentierungen, etwa dass Empfänger mit höherem Engagement auch häufiger beschickt werden.

 

Verspätete Conversion dank Longtail?

Die Response auf E-Mail-Kampagnen erfolgt extrem zeitnah. Meist 50% aller Öffnungen, Klicks und Conversions erfolgen innerhalb von 24h nach dem Versand, und 66% innerhalb von 48h. Umso erstaunlicher ist vor diesem Hintergrund der Response-Longtail einer E-Mail-Kampagne.

Also die Tatsache, dass oft mehr als ein Drittel der Conversions erst nach einer Woche oder später realisiert wird.

Zudem sind die Warenkorbwerte im Longtail oft deutlich höher als die der Spontan-Käufer am ersten Tag. Anders ausgedrückt: je später nach dem Versand ein Klick in der E-Mail erfolgt, umso wertvoller ist dieser Klick im Durchschnitt! Insofern ist E-Mail ein Doppeltalent – sie unterstützt den zeitnahen Umsatz genauso wie den zeitverzögerten. Daraus ergeben sich direkte Empfehlungen sowohl für die ROI-Kalkulation und Attribution des E-Mail-Kanals, nämlich dass E-Mail oft einen deutlich höheren Umsatzbetrag leistet als gemeinhin angenommen mit entsprechenden Anpassungen für die interne Budget- und Ressourcenallokation unter den verschiedenen Marketingkanälen.

 

Nichtreagierer behandeln, und Newsletter für Endgeräte-Vielfalt optimieren

Der optimale Umgang mit Langzeit-Nichtreagierern ist eine der bis heute kontrovers diskutierten Fragestellungen im E-Mail-Marketing. Die Standpunkte reichen von „Nichtreagierer konsequent eliminieren“ über „ab und zu mit Reaktivierungskampagnen beschicken“ bis hin zu „konsequent weiter beschicken“. Für jede dieser Strategien gibt es gute Argumente, konkret Zustellrisiken im Falle des Versandes aufgrund von recycelten Spamfallen und Engagement-basierten Spamfiltern, und Umsatzrisiken im Falle der Eliminierung dieser Adressen, da der Werbe-Effekt durch das unterschwellige Marketing wegbricht. Denn auch das bewusste Nichtöffnen einer E-Mail erzeugt aufgrund der Wahrnehmung von Absender und Betreff durch den Empfänger eine Werbewirkung, die sich messen lässt: beschickte Nichtreagierer generieren regelmäßig mehr Umsätze als nicht-beschickte Nichtreagierer. Um zu entscheiden, wie ein Versender mit seinen Langzeit-Nichtreagierern umgehen sollte, empfehlen sich also in jedem Fall A/B-Split Tests.

 

Durch den Megatrend zu immer mehr mobilen Endgeräten werden E-Mails nach dem Versand heute sogar noch schneller geöffnet und gelesen als vor 10 Jahren. So weit so positiv, und mit der klaren Essenz, die Mobiloptimierung der eigenen E-Mail-Templates wirklich ernst zu nehmen. Denn die meisten B2C-Versender hatten bereits vor Jahren ihren „mobile E-Mail-Moment“, nämlich den Zeitpunkt, an dem mehr als 50% der versendeten E-Mails auf mobilen Endgeräten geöffnet werden.

 

Die weitaus größere Herausforderung für E-Mail-Marketer ist aber die Tatsache, dass die Click-to-Open-Raten und auch die Conversionraten auf Smartphones im Vergleich zu Laptops oder Desktops deutlich niedriger sind (Tablets sind eher mit Laptops vergleichbar). Und der Trend könnte sich fortsetzen, wenn immer mehr E-Mails auf Smartwatches, Datenbrillen oder anderen internetfähigen Geräten ausgeliefert, oder über Sprachassistenten wie Alexa vorgelesen werden. Der Einfluss des Endgerätes auf die oben erwähnte zeitverzögerte Conversion ist noch nicht untersucht. Vermutlich aber ist der Klick in der E-Mail nur der erste Schritt im Conversion-Prozess, bei dem im Online-Shop Bookmarks oder Merklisten gesetzt werden.

Auf jeden Fall sollten zur Abfederung der brachialen Conversion-Erosion auf mobilen Endgeräten einige Maßnahmen umgesetzt werden: alle Newsletter-Links sollten auch mehrere Wochen nach dem Versand noch fehlerlos funktionieren und die komplette Post-Klick-Strecke im Shop inklusive Payment muss konsequent mobiltauglich sein, um weitere Conversion-Verluste zu vermeiden.

Abmelderate minimiert und Potential der Zustellbarkeit ausschöpfen

E-Mail-Abmeldungen scheinen unvermeidbar und die Zahlenwerte sind niedrig, meist unter 0,2% pro Versand. Deshalb erhalten Abmeldungen vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit und sind folglich nur selten das Ziel von Optimierungen. Das ist fahrlässig, denn die Generierung hochwertiger E-Mail-Adressen ist heute erheblich schwieriger als noch vor 10 Jahren. Mit dem Ergebnis, dass viele Verteiler in ihrer Größe stagnieren oder sogar schrumpfen. Meist sind im Zuge der DSGVO-Umstellungen auch noch wertvolle Adressen „verlorengegangen“. Außerdem können selbst geringe Verbesserungen in den Abmelderaten langfristig zu massiven Verbesserungen führen, wenn man sich den akkumulierten Effekt von Abmeldungen vor Augen führt.

 

Beispielrechnung „Verteilerverlust pro Jahr“:

 

Versandfrequenz pro Woche Abmelderate pro Versand Verlust des Verteilers pro Jahr
2x 0,20% fast 20%
2x 0,10% nur 10%
täglich 0,10% über 30%

Bei einer Versandfrequenz von 2x pro Woche und einer hypothetischen Abmelderate von 0,2% pro Versand gehen innerhalb eines Jahres fast 20% des Verteilers verloren, bei 0,1% Abmelderate sind es nur 10%. Bei täglichem Versand und 0,1% Abmelderaten schmelzen jährlich über 30% des Verteilers ab.

Abmelderaten lassen sich zum Glück oft sogar in signifikantem Umfang senken. Bewährte Maßnahmen umfassen zunächst die Analyse des Status Quo, also das Abfragen der Abmeldegründe und die Untersuchung der Abmelderaten nach Quelle der E-Mail-Adressgenerierung, Saisonalität oder Werbedruck. Danach können eine ganze Reihe von Maßnahmen zum Einsatz kommen, etwa stärkerer Themenbezug über Preference-Center, Absender-Personalisierung, Werbedruck-Limitierung, spezielle Newsletter-Incentives, Mobiloptimierung des Contents, im Newsletter prominent platzierte Service-Signale, das Angebot von Feedback-Kanälen oder das aktive Bewerben alternativer Kanäle.

 

Da E-Mail-Zustellprobleme direkten Umsatzverlusten verursachen, können langfristig unerkannte Zustellprobleme selbst kleineren Umfangs ein sehr ernsthaftes Problem bedeuten. Allein die Tatsache, dass vermutlich zehntausende Versender in der DACH-Region auf Versanddienstleister setzen, deren IP-Adressen nicht von der Certified Senders Alliance zertifiziert sind, lässt das Upside-Potential erahnen. Die mangelnde Präzision in der Messbarkeit von Inbox Placement-Raten verstärkt das Problem. Hauptansatzpunkt hier wären regelmäßige A/B Split Tests mit alternativen Versanddienstleistern. Ein weiterer, oft unterschätzter Langzeit-Effekt sind Outbouncer, also E-Mail-Adressen, die wegen zu häufiger Bounces (= Nichtzustellbarkeit) vom E-Mail-Versandtool automatisch blockiert werden. Dabei kommt es häufiger vor als man denkt, dass einwandfrei zustellbare Adressen deaktiviert werden. Dieser Abschmelzeffekt des E-Mail-Verteilers ist manchmal sogar wesentlich stärker als der der regulären Abmeldungen, und da viele E-Mail-Versandtools diese blockierten Adressen nicht im Reporting ausweisen, wird dieser tote Winkel im E-Mail-Marketing auch nur selten adressiert. Die aktiven unter den deaktivierten Outbouncer-Adressen lassen sich mit E-Mail-Adressvalidierungstools leicht identifizieren und können in der Regel problemlos wieder in den Versand aufgenommen werden, da der Versender mangels Abmeldung weiterhin über eine gültige Permission verfügt. Die dazu konträre Meinung vieler Anwälte, dass eine Permission verfällt oder die gängige Praxis einiger ISPs, inaktive E-Mail-Postfächer in Spamfallen zu wandeln ist nach dem BGH Urteil vom Februar 2018 jedenfalls mehr als fragwürdig.

Welche E-Mail-Adresskategorie hat wann eine hohe Verweildauer?

Wir betrachten hier die E-Mail-Adresskategorien Business-to-Business (B2B) und Business-to-Customer (B2C). B2B-Kampagnen haben normalerweise deutlich höhere Responseraten als B2C-Kampagnen. Deshalb gelten typische B2C-E-Mail-Adressen, also Freemailer wie web.de, gmx oder gmail als weniger werthaltig als Adressen mit B2B-Domains wie vorname.nachname@firmenname.de.

 

Bei Jobwechseln allerdings werden B2B-E-Mail-Adressen gelöscht, während das B2C-Adressen viel seltener betrifft. Das führt dazu, dass die Verweildauern von B2C-Adressen in E-Mail-Verteilern im Durchschnitt deutlich höher ist als die Verweildauer von B2B-Adressen. Das hat den Effekt, dass die Gesamtmenge, also die numerische Anzahl aller Öffnungen und Klicks einer B2C-Adresse im Verlauf der Customer Lifetime genauso hoch oder deutlich höher sein kann als die einer B2B-Adresse. Deshalb gilt: private Freemailer-Adressen sind nicht automatisch weniger wertvoll als Firmen-E-Mail-Adressen, nur weil sie im Durchschnitt weniger oft öffnen und klicken.

 

 

Wie verhält sich die Freemailer-Struktur im Adressbestand?

Die Top 10 Freemailer wie T-Online, web.de, gmx, gmail, yahoo, hotmail oder freenet haben nicht selten einen Anteil von über 80% an einem typischen B2C-Verteiler. Das war vor 10 Jahren so und ist jetzt nicht anders. Anders ist allerdings die zunehmende Dominanz von Gmail auch in Deutschland, weltweit hat Gmail zusammen mit Apple die meisten Marktanteile von E-Mail-Clients. Diesen Trend sollten B2C- wie B2B-Versender im Auge behalten, da auch immer mehr Kleinunternehmen ihre E-Mail-Infrastruktur inzwischen über Gmail abbilden. Konkret sollten Darstellbarkeit (Templates) und Zustellbarkeit (Inbox Placement) öfter getestet und bei Bedarf optimiert werden. Die Google AMP 4 Email-Initiative zu mehr Interaktivität in der E-Mail ist einer der wichtigsten Trends im E-Mail-Marketing, da damit typische Funktionen der Landing Pages wie das Ausfüllen eines Formulars oder das Anzeigen weiterer Bilder oder Listen innerhalb der E-Mail erfolgen kann. Mit den zahlreichen Funktionen lassen sich Response- und auch Conversion-Raten deutlich steigern.

Für die Auswahl von E-Mail-Versandsoftware wird der AMP-Support zunehmen ein wichtiges Kriterium, denn auch Yahoo Mail und Mail.ru supporten AMP mittlerweile, und damit wird ein interessanter Anteil vieler E-Mail-Verteiler abgedeckt.

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